Die kommunikative Isolation im Informationsflut-Zeitalter


Gedanken • von Sven Reifschneider • 01. April 2016 • 1 Kommentar
#kritik #internet #datenschutz
Dieser Artikel ist schon älter. Ansichten und Links sind daher ggf. nicht mehr aktuell.

Wir schauen auf den PC Monitor. Wir schauen aufs Smartphone. Wir schauen aufs Tablet. Wir schauen auf die Smartwatch. Denn wir könnten ja etwas verpassen. "Ju Lia hat ihr Profilbild geändert" ploppt auf allen Geräten auf. Gleich vier mal ein bing für diese Neuigkeit. Muss dann ja ziemlich wichtig sein. Sie hat ein Selfie von sich gemacht und mittels MSQRD ein Hundegesicht darauf eingefügt. Etwas, was in einem Monat so vergessen sein wird wie Flappy Bird.

Dennoch konzentrieren wir uns darauf. Geben dieser Neuigkeit einen großen Stellenwert. Das Smartphone stumm schalten? Niemals! Wir könnten ja etwas verpassen.

Ich treffe mich mit "Ju Lia". Natürlich hat Julia einen normalen Namen, aber in facebook möchte sie diesen ungern stehen haben - wegen Datenschutz und Privatsphäre oder so. Wir reden. Ihr Handy macht bing. Sofort widmet Sie sich ihrem Smartphone zu anstatt weiter unseren Dialog zu verfolgen. Zwei Minuten später legt sie ihr Smartphone zur Seite. "Sorry, Leon hat mir ein süßes Video von seiner Katze geschickt. Das musste ich mir einfach sofort anschauen und ihm antworten".

Solche Szenen spielen sich immer häufiger ab. Auch bei einem gemeinsamen Abendessen scheuen viele nicht zurück, Messer und Gabel zur Seite zu legen, weil man in whatsapp antworten muss.

Wir sind stärker vernetzt als je zuvor. Wir haben immer mehr Möglichkeiten mit anderen Menschen zu kommunizieren und den Kontakt zu halten. Und genau das treibt uns auseinander. Wir leben isoliert in unseren eigenen vier Wänden - der Kontakt mit der Außenwelt findet über das Internet statt.

Und wenn wir uns mit anderen Personen treffen, dann bekommen viele regelrechte Entzugserscheinungen, weil man ja etwas wichtiges verpassen könnte.

Snapchat ist dabei mein persönlicher Höhepunkt. Jedes Essen, jeder Klogang, jedes Treffen, jeder Atemzug. Alles muss festgehalten und mit den Followern geteilt werden. Sich dann aber wundern, wie Identitätsdiebstahl stattfinden kann oder wieso man es keine fünf Minuten ohne Smartphone aushält.

Tyler Durden sagt in Fight Club: "The things you own end up owning you".

"Schau her, ich habe die neue Apple Watch. Damit sehe ich direkt, wenn mir jemand in whatsapp eine Nachricht schreibt. Dann vibriert meine Uhr". Durch solche Funktionalitäten wird jene Informationssucht noch verstärkt. Die Apple Watch mit Gliederarmband - das High End Modell - kostet momentan 1.199,00€ bei Apple. Über eine hypothetische Kosten-Nutzen-Rechnung mag man da gar nicht nachdenken.

Das ganze führt so weit, dass Bekanntschaften schon den Kontakt zu mir abgebrochen haben, weil ich nicht innerhalb weniger Stunden geantwortet habe und in der Zeit mindestens zwei mal online war.

Alles muss immer schneller gehen. Und alles muss ich mitbekommen. Die Smartwatch vibriert. Daraufhin schaue ich auf mein Smartphone. Faktastisch hat herausgefunden: "Forscher haben bestätigt, dass es vor 29.000 Jahren wirklich Einhörner gab, die in der Region um Kasachstan lebten.". Wow! Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Gleich liken, kommentieren und sharen. Meine facebook-Bekanntschaften sollen schließlich auch diese wichtige Erkenntnis mitbekommen. Wie hoch der Wahrheitsgehalt dabei ist? Keine Ahnung. Zum nachdenken gehe ich doch nicht auf facebook.com.

Ich selbst bin ausgestiegen. Checke zwei mal am Tag meine E-Mails. Bin nur alle paar Stunden mal in whatsapp. Facebook und Instagram sind nicht mal täglich bei mir drinnen. Während ich arbeite sind alle meine Geräte stumm geschaltet. Kein bing kann mich aus meiner Konzentration herausbringen. Auch wenn vielen diese Tatsache schwer fällt, denn so kann es auch mal vorkommen, dass ich erst morgen auf die whatsapp Nachricht antworte.

In facebook habe ich eine Liste erstellt mit den Menschen, die mir wirklich wichtig sind. Und ich schaue mir in facebook nur diese Liste an. Keine Werbung, keine unnötigen Fanpages, keine unnötigen Neuigkeiten von Menschen, mit denen ich nichts zu tun habe und die nur auf eine möglichst positive und übertriebene Selbstdarstellung aus sind um ihr persönliches Ego aufgrund von Likes und Neid-Kommentaren zu pushen.

Ich schlafe besser, seitdem ich abends nicht mehr so häufig auf Displays schaue bzw. einen Blaulichtfilter nutze. Ich bin konzentrierter, seitdem ich meine Geräte stumm schalte, wenn ich wichtige Dinge zu erledigen habe. Ich bin bei Gesprächen aufmerksamer und gebe meinem Gegenüber einen gewissen Stellenwert, seitdem ich mein Smartphone bei Treffen großteils ignoriere. Viele Menschen haben ein iPhone. Hier ein Profi-Tipp: An der Seite des Gehäuses gibt es einen kleinen Schalter. Dieser möchte auch hin und wieder verwendet werden.

Doch viele Menschen, gerade in meinem Alter, interessieren sich für solche Dinge nicht. Denn wir könnten ja etwas verpassen.


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Sven Reifschneider
Über den Autor

Sven Reifschneider

Herzliche Grüße! Ich bin Sven, ein technikaffiner Unternehmer und engagierter Fotograf, angesiedelt in der malerischen Wetterau, in der Nähe Frankfurts. Dieser Blog dient als Schnittpunkt meiner vielfältigen Interessen, eine Plattform, auf der ich mein Fachwissen und meine intellektuelle Neugier in fesselnde Erzählungen kanalisiere.

In meinem Berufsleben steuere ich die Neoground GmbH und biete nicht nur KI-Beratung, sondern ein ganzes Spektrum digitaler Lösungen an — von der Webentwicklung bis zur Schaffung eigener Software-Produkte. Mit einem Hintergrund, der reich an technischer Kompetenz ist, betrachte ich mich nicht nur als IT-Spezialist, sondern auch als Befürworter von gemeinschaftlicher Innovation und systemischem Wandel.

Jenseits der Technikwelt ist meine Kamera seit Jahren mein künstlerischer Verbündeter und hält alles fest, von intimen Momenten bis zu großen Feierlichkeiten. Dieser Blog vereint diese beiden Bereiche — wo technisches Know-how auf künstlerische Intuition trifft, mit dem Ziel ganzheitlicher Exzellenz. Ich lade dich ein, eine Vielzahl von Themen zu erkunden, die nicht nur meinen eigenen Bestrebungen nach transformativem Wandel entsprechen, sondern auch Erkenntnisse aus einer breiten Erfahrungspalette bieten.


Ein Kommentar

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03. April 2016, 21:47 Uhr
Lavinia

Eben Deinen Blogpost durchgelesen, liest sich gut und ja sehe ich auch so, aber ich bin zum Glück auch mehr der Mensch der sein Handy auf stumm schaltet und nicht sofort antwortet. Eben weil mich so Leute nerven die einem beim reden nicht in die Augen gucken, vermeintlich zuhören aber trotzdem jemand anderem antworten oder was lesen. Nervt mich an meiner Mutter und an meinem Freund zum Beispiel, wobei erwenigstens wirklich zuhört, mit meiner Mutter rede ich 10min und schaffe es das sie danach immer sagt: „was?“ – weil ich vergessen habe das sie ihr Handy ja nicht weglegen kann…